Syrienprojekt Preisträger der zweiten Ausgabe des von Parmigiani Fleurier geförderten Prix Elysée.
Syrienprojekt Preisträger der zweiten Ausgabe des von Parmigiani Fleurier geförderten Prix Elysée. Er möchte „bei einem westlichen Publikum ein tiefgehendes Verständnis für die unfassbare Gewalt wecken, die jedem Konflikt zugrunde liegt“ und setzt darauf, nichts in seinen expliziten, brutalen Bildern zu schönen. Die vor Ort entstandenen Aufnahmen drängen den Besucher, innezuhalten und sich das Ausmass eines Konflikts vor Augen zu führen, der zwar geografisch weit entfernt, aber durch die Medien doch allgegenwärtig ist.
Wenn es zehntausenden Folteraufnahmen von syrischen Fotografen nicht gelingt, die Aufmerksamkeit des westlichen Publikums zu erregen, was kann dann ein einzelner Ausländer ausrichten, der nicht einmal des Arabischen mächtig ist? Die Fotografien von Matthias Bruggmann begegnen der Darstellung von Kriegsgrauen mit kritischem Blick. Sie zeigen dem westlichen Publikum ein nuancierteres Bild von der Erfahrung des bewaffneten Konflikts und heben die Grenzen zwischen Fotojournalismus und zeitgenössischer Fotokunst auf. Bruggmanns
2012 begonnenes Projekt lässt uns in die Vielschichtigkeit des Konflikts eintauchen. Seine Bilder, die ein über Syrien hinausreichendes geografisches Gebiet abdecken, stellen unsere Moralvorstellungen in Frage und führen zu einem besseren Verständnis von Gewalt.
Matthias Bruggmann erläutert seine Arbeit selbst: „Formal gesehen versetzte meine vorausgegangene Arbeit das Publikum in die Lage, über das Wesen des Kunstwerks urteilen zu müssen. Dieser Mechanismus ist vermutlich – wobei das wissenschaftlich sicher anfechtbar ist – dem Vorgang in der Quantenphysik vergleichbar, bei dem die Beobachtung das Wesen des Beobachteten verändert. Auf dieser Annahme basiert meine Arbeit in Syrien. Aus dokumentarischer Sicht handelt es sich meines Wissens bis heute um die einzige derartige Arbeit von einem einzelnen westlichen Fotografen im Inneren Syriens, was nur mit Unterstützung und der hingebungsvollen Arbeit der besten unabhängigen Experten zu diesem Krieg möglich war. Die Besonderheit des Konflikts machte es aus meiner Sicht notwendig, den geografischen Rahmen über Syrien hinaus auszuweiten. Es geht im Wesentlichen um den Versuch, ein Gefühl des moralischen Zwiespalts hervorzurufen. Konzeptuell zielt die Arbeit darauf ab, es für das Publikum unbequem werden zu lassen und seine eigenen moralischen Vorstellungen in Zweifel zu ziehen. Sie versucht so, bei einer westlichen Öffentlichkeit ein tiefgehendes Verständnis für die unfassbare Gewalt zu wecken, die jedem Konflikt innewohnt. Zum Tragen kommt dabei die Verkehrung von normalerweise in der Dokumentarfotografie geltenden Normen, durch die eine stärkere Identifikation mit dem Thema hergestellt wird.“
Achtung: Der Inhalt dieser Ausstellung kann beleidigend oder beunruhigend für junge oder uninformierte Zuschauer sein.
Kuratorin Lydia Dorner, Konservatorin Assistent, Musée de l’Elysée